zweiteiliger Mantel aus Fichtenschösslingen, Zapfen, Stoff mit Abdrücken der Fichtenäste, 140 x 140 cm, 2016
S’isch e Mordsarbet
Tännli usrisse un Tännli chlopfe
Übersetzung, Alemannisch: Es ist eine schwere Arbeit; Tännchen ausreißen und Tännchen plattklopfen
Einladung zum „Artist in residence Aufenthalt - Kunstluft“ in Graubünden. Mein Wohnort ist ein traditioneller Maiensäss auf gut 1500 Metern Höhe. Der Blick wandert über die steilen Weiden, welche in einen Mischwald übergehen.
Genau das tue ich nun: auf den steilen Wiesenhängen – wenn der Blick einmal geschult ist – finden sich schier unzählige kleinen Bäumchen. Die Vorstellung, diese müssten alle ausgerissen werden, um die Wiese freizuhalten, ist (fast) zum Verzweifeln. Immer wieder blicke ich zum nahen Waldsaum – es scheint wie ein Wogen, eine Wellenbewegung zwischen der offenen Wiesenfläche und dem dichten Wald zu sein. Vielleicht auch ein Kampf mit ungewissem Ausgang? Wenn der Mensch die für ihn (zumindest früher) wichtigen Freiflächen nutzen möchte, muss er in den Lauf der Natur eingreifen.
Diese bäuerliche Notwendigkeit lässt alle romantischen Bilder verblassen: die kleinen Fichtenschösslinge auf der Weide um das Haus herum werden von mir ausgerissen. Schon das fällt mir als „Städterin“ nicht leicht; jedes der Bäumchen wirkt so lebendig mit seinen zarten Wurzeln. Um diesen kleinen Gestalten einen Raum zu geben und an sie zu erinnern – greife ich nochmals mit Gewalt in den Lauf der Dinge ein: mein schwerer Zimmermannshammer lässt die Holzdielen des Vorraumes erbeben: ich klopfe die Bäumchen und damit ihre Nadelabdrücke und ihren Duft in den Mantelstoff.